Indoor Cycling: Straßenreifen oder Rollentrainer-Reifen?


Kann man auf einem Rollentrainer und mit normalen Straßenreifen fahren oder muss man zwingend die recht teuren Reifen für Rollentrainer nutzen? Ich habe dies nun in verschiedenen Varianten über mehrere Wochen getestet. Das Ergebnis hat mich sehr überrascht.

Rollentrainer-Reifen oder normaler Reifen
In meinem großen Artikel zum Thema Rollentrainer bin ich auch auf das Thema Reifen eingegangen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung habe ich ausschließlich reine MTB bzw. Straßenreifen getestet. Ich wollte es dann genau wissen und habe für mich ganz alleine verschiedene Reifen auf dem Rollentrainer vergleichsweise getestet. Ursprünglich wollte ich zum Thema Indoor Cycling keine weiteren Artikel machen, aber das Ergebnis meines Tests hatte mich dennoch so überrascht, dass ich noch einen neuen geschrieben habe. 

Welcher Reifen auf der Rolle?

Mir ist bereits vor dem Test klar gewesen, dass es gute Gründe gibt für die Existenz und die Nutzung von Trainingsreifen für Rollentrainer. Dennoch hatte ich ursprünglich vor einen normalen Reifen für das Indoor-Training zu nutzen. Einfach aus dem Grund, weil ich Geld sparen wollte. Allerdings hatte ich bereits nach kurzer Zeit Probleme mit dem ungwöhnlich hohen Widerständen bei Benutzung normaler Reifen. Daher habe ich mir letztlich doch noch einen Trainingsreifen für den Rollentreiner gekauft.
Hierbei handelt es sich um einen Versuch des objektiven Vergleichs zwischen mehreren Reifen. Es ist kein wissenschaftlicher Test und ich werde alles so darstellen wie ich es getestet habe. Es gibt sicherlich dennoch einige Ungenauigkeiten.

Normaler Reifen oder Rollentrainer Reifen?

Es gibt hauptsächlich zwei Aspekte die für den Indoor-Reifen sprechen. Zum einen ist das die Lautstärke der Reifen auf dem Trainer und zum anderen ist dies der Widerstand der Reifen. Ich habe 3 verschiedene Reifen auf dem Elite Qubo Fluid getestet. Der Qubo Fluid ist deswegen so gut für einen solchen Test geeignet, weil es nur einen Widerstand gibt. Ich kann nicht einfach mal den Widerstand am Rollentrainer geändert haben. Das Ergebnis ist also sehr gut Vergleichbar.

Getestet habe ich folgende Reifen:
  • Schwalbe Nobby Nic 54-559 – ein reiner Mountain-Bike Reifen von Schwalbe. Es handelt sich um die 2018er Version. Diese ist so in den von mir getesteten Dimensionen aktuell nicht mehr erhältlich. Vermutlich ist das Testergebnis jedoch mit der aktuellen Version vergleichbar. Ich habe dies jedoch nicht verifziert.
  • Continental Touring Plus 47-559 (Drahtreifen) – ein Touren-Reifen mit gutem Pannenschutz den ich auch sehr gerne im Stadtverkehr fahre. Ich habe diesen Reifen 2017 gekauft. Aktuell ist dieser Reifen bei Continental nicht mehr gelistet, aber online bei diversen Händlern noch erhältlich.
  • Continental Hometrainer 47-559 – ein reiner Reifen für den Rollentrainer. Im Januar 2021 gekauft.
Warum der Continental Hometrainer?
Für 26 Zoll Laufräder gibt es leider nicht viel Auswahl für Rollentrainerreifen. Es gibt noch einen Reifen von Schwalbe (Insider?). Aufgrund meiner guten Erfahrungen mit Continental habe ich mich für den Hometrainer II entschieden.
Für 28 Zoll Laufräder habt ihr jedoch massig Auswahl.

Vorab: Jeder dieser Reifen ist in seinem speziellen Terrain sehr gut. Mein Test soll nichts über die generelle Qualität und Leistung dieser Reifen aussagen. Ich bin sowohl den Nobby Nic als auch den Conti Touring Plus problemlos im Alltag gefahren und war immer zufrieden. In meinem Vergleich geht es ausschließlich um die Eigenschaften auf dem Rollentrainer.
Ein Reifen für Rollentrainer ist übrigens nicht für den Einsatz auf der Straße geeignet und sollte daher ausschließlich auf der Rolle eingesetzt werden. Der Hinweis ist auch mehrfach sehr gut auf den Reifen erkennbar.

Test-Setup

Ich nutze wie oben angedeutet den Elite Qubo Fluid als Rollentrainer. Dieser steht bei mir (Enfamilienhaus) im Keller auf einem Teppich. Der Raum ist geschlossen, darüber ist das Wohnzimmer.
Ich benutze keine schalldämpfende Unterlage oder ähnliches.
Weiterhin nutze ich zur Unterhaltung immer das gleiche Notebook und immer die gleichen Kopfhörer, die Nackenkopfhörer Jabra Elite 25e.
Für alle Reifen wurde das gleiche Fahrrad verwendet: Mein Bahnhofsrad mit 26 Zoll Laufrädern und einer Shimano Nexus 8 Getriebenabe. Die Getriebenabe schluckt sicher Funktionsbedingt einiges an Leistung. Mit einem Fahhrad mit Kettenschaltung wären unter Umständen bessere Werte möglich. Die Vergleichbarkeit ist dennoch gegeben.
Zum tracken meiner Fahrleistung nutze ich den Elite Misuro B+ Sensor der direkt mit dem Rollentrainer verbunden ist. Dieser ermittelt die Daten direkt aus dem Rollentrainer und nicht vom Fahrrad. Es wird die Geschwindigkeit, die Trittfrequenz und die Leistung (Watt) gemessen. Vom Sensor werden die Informationen an einen Garmin Edge 530 gesendet.
Die Herzfrequenz ermittel ich mit einem ANT+ Brustgurt.
Für den Test wurde jeweils nur der Reifen gewechselt. Jeder Reifen wurde bei 4 Bar Luftdruck gefahren. Der Schwalbe und der Conti Touring Plus sind jeweils mit einem maximalem Druck von 4 Bar angegeben. Das bedeutet, der Druck der vom Hersteller als Maximaldruck für den Reifen angegeben wird. Der Conti Hometrainer kann bis 4,5 Bar gefahren werden. 
Allerdings wurden die unterschiedlichen Fahrten nicht direkt hintereinander durchgeführt sondern innerhalb weniger Wochen. Das verwässert die Korrektheit natürlich etwas, das ist mir bewusst, weil sich auch mein eigener Fitnesszustand verändert haben könnte. 
Die Fahrten wurden ausgewählt, weil sie sehr vergleichbar waren. Vergleichbar im Sinne von der Intensität, der Dauer und / oder der erbrachten Leistung.

Reifen

Schwalbe Nobby Nic

Continental Touring Plus

Continental Hometrainer

Dimensionen

54-559

47-559

47-559

Luftdruck

4 Bar

4 Bar

4 Bar *

Modelljahr

2018

? (vermutlich 2017)

2020

*) Anmerkung: Der Continental Hometrainer kann bis 4,5 Bar Luftdruck gefahren werden. Um die Vergleichbarkeit für diesen Aritkel zu steigern wurde der Luftdruck jedoch auf 4 Bar festgelegt.

Lautstärke

Ich habe die Lautstärke nicht mit Messwerkzeugen verifziert, das heißt hierbei handelt es sich ausschließlich um meine subjektiven Eindrücke. Und die meiner Frau die ebenfalls alle Reifen gefahren ist.
Der Schwalbe Nobby Nic ist auf dem Qubo Fluid brutal laut. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich dessen Lautstärke auch auf Aspahlt schon ziemlich laut finde. Auf dem Rollentrainer ist dieser jedoch so laut, dass es nicht mal mein Bluetooth-Headset auf höchster Lautstärke schafft dies zu übertönen. Der Rollentrainer ist im gesamten Haus zu hören.
Der Continental Touring Plus wurde anschließend von mir getestet. Dieser ist hörbar leiser. Man hört ihn, keine Frage, aber ich kann problemlos mit Kopfhörern Musik hören oder Netflix gucken.
Als letztes testete ich den Continental Hometrainer. Dieser ist leise. Nicht unhörbar leise, aber es ist angenehm, man kann sich im Raum in normaler Lautstärke unterhalten. Wenn ich trainiere, dann hat meine Katze im gleichen Raum plötzlich keine panische Angst. Ich kann auch ohne Kopfhörer am Notebook Musik hören oder Filme schauen.

Widerstand / Leistung

Richtig spannend wurde es aber beim Widerstand während des Trainings. Da ich meine Trainings aufzeichne habe ich also diesmal echte Vergleichsdaten. Natürlich könnte man argumentieren, dass ich beim Test A nicht mit gleicher Wucht gefahren bin wie bei Test B. Allerdings kann man die Intensität meiner Meinung gut an der Herzfrequenz erkennen.
Man kann klar sehen, dass ich mit dem Nobby Nic deutlich weniger Leistung abrufen konnte, als mit den beiden Conti Reifen. Wobei der Hometrainer in jedem Fall nochmal effizienter lief. Das heißt der Eindruck der Laustärke spiegelt sich auch in den Fahrleistungen wieder. Der leiseste Reifen rollt am besten. 
Hier die gemittelten Trainingsdaten im Überblick im Vergleich dieser drei Reifen:

Reifen

Schwalbe Nobby Nic

Continental Touring Plus

Continental Hometrainer

Ø Geschwindigkeit

16,3 km/h

20,1 km/h

23,1 km/h

Ø Leistung

100 Watt

150 Watt

195 Watt

Ø Watt / kg

1,17 W/kg

1,82 W/kg

2,47 W/kg

Ø Herzfrequenz

143

156

158

Max. Herzfrequenz

182

179

175

Ø Trittfrequenz

73

86

92

Dem aufmerksamen Leser wird vielleicht auffallen, dass die beiden Contis durchaus miteinander Vergleichbar sind, aber das ich mit dem Schwalbe-Reifen eine nicht so hohe Herzfrequenz und auch keine ähnliche Trittfrequenz hatte. Ich kann mir das nur so erklären, dass ich evtl. im Laufe der Einheit nachgelassen habe, quasi unbewusst aufgrund von Erschöpfung. Eine bessere Erklärung habe ich leider nicht.
Allerdings ist klar spürbar und auch in den Daten erkennbar, dass der Widerstand beim Fahren mit dem Nobby Nic am höchsten ist. Beim Touring Plus von Conti ist es schon besser, aber noch immer kein Vergleich zu meinen Fahrleistungen auf der Straße. Erst der Continental Hometrainer kommt da langsam ran.

Diagramme und Anmerkungen zum Vergleich:
Meine Fahrten habe ich mit Garmin Connect ausgewertet. Beispielhaft habe ich mir jeweils eine Fahrt mit jedem Reifen rausgesucht und in Garmin Connect ausgewertet.

Nobby Nic Rollentrainer
Schwalbe Nobby Nic 54-559

Der Nobby Nic ist gefühlt sehr schwergängig und laut. Das spiegelt sich in den Trainingsdaten wieder. Ich war nicht in der Lage 20 km/h zu halten. Es kommt außerdem zu Reifenabrieb auf dem Rollentrainer.


Continental Touring Plus Rollentrainer
Continental Touring Plus 47-559

Der Continental ist anders, das merkt man sofort. Das Widerstand beim Fahren ist geringer, wie auch die Lautstärke. Allerdings ist das Fahren immer noch schwieriger und anstrengender als ich es gewohnt bin.

Continental Hometrainer II Rollentrainer
Continental Hometrainer 47-559
Daraufhin habe ich den Continental Hometrainer bestellt. Mit diesem ist das Fahrgefühl auf dem Rollentrainer deutlich gewohnter und angenehmer. Ich kann nun auch längere Zeit mehr als 20 km/h eher zwischen 23 und 24 km/h fahren. Auch die Geräuschkulisse ist angenehmer. Es kommt darüber hinaus zu keinem Reifenabrieb mehr (zumindest keinem sichtbaren).
Ich würde beinahe behaupten, dass das Gefühl beim Fahren und auch der Widerstand bei der Geschwindigkeit mein Empfinden auf der Straße widerspiegelt. Die letzten Prozente könnte man auf die Getriebenabe und auf eine Optimierung beim Luftdruck schieben.

Was ist sonst noch aufgefallen?

  • Insbesondere der Schwalbe Nobby Nic neigte auf dem Rolltentrainer zu hohem Reifenabrieb. Dies konnte ich bei den Contireifen nicht feststellen. Der Reifen musste bei der Montage Schwalbe-Typisch mit Seifenwasser regelrecht in die Felge massiert werden. (das ist jedoch schon immer meine Erfahrung mit Schwalbe)
  • Die Montage des Continental Touring Plus (Drahtreifen) ist mit Abstand am schwierigsten. 
  • Der Conti Hometrainer hingegen am einfachsten. Hier war kein Reifenheber notwendig, es reichte ein wenig Druck mit den Daumen aus. Der Reifen saß von Anfang an perfekt in der Felge.
Interessant für einen weiteren Vergleich wäre außerdem ein reiner Slickreifen wie zum Beispiel der Schwalbe Kojak. Wenn jemand zufällig Erfahrung mit diesem oder einem vergleichbaren Reifen hat, dann zögert nicht zu kommentieren.

Fazit

Ein spezieller Reifen für Rollentrainer ist eindeutig im Vorteil auf dem Rollentrainer. Man kann natürlich auch mit “normalen” Reifen trainieren. Man muss mit einer höheren Lautstärke und anderen Widerständen rechnen. Der Unterschied zwischen den Fahrleistungen auf der Straße und auf dem Rollentrainer sind spürbar. Das kann zu einer echten Spaßbremse werden.
Ich habe den Kauf vom Continental Hometrainer nicht bereut. Ich kann diesen Reifen zu 100% empfehlen. Sowohl was Lautstärke beim Training, als auch den geringen Widerstand.
Habt ihr Erfahrung mit dem Thema Reifen beim Indoor-Training oder Rollentrainer Erfahrung? Habe ich einen Aspekt vergessen? Zögert nicht und kontaktiert mich.
Lesestoff zum Thema Rollentrainer:
Indoor Cycling: Rollentrainer Leitfaden mit vielen Tipps und Informationen zum Elite Qubo Fluid 

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