Canon Legria HF G70 – Test und Erfahrungsbericht


Canon hat mehrere neue 4K Camcorder vorgestellt. Einer davon ist die Canon Legria HF G70. Hierbei handelt es sich um eine 4K Videokamera für Consumer. Die Kamera soll fast 1.200 Euro kosten, ein stolzer Preis wie ich finde. Lohnt sich ein so teurer Camcorder, wenn man für das gleiche Geld schon eine Systemkamera bekommt? Ich habe die Kamera bestellt, weil ich neugierig bin was ein Camcorder im Jahr 2022 leisten kann. Vor allem aber auch ob er mit den aktuell auf Youtube verwendeten Kompakt- oder Systemkameras mithalten kann.

Canon Legria HF G70 4K Camcorder

Technische Daten

Canon hat in der Legria HF G70 einen 1/2,3-Zoll-Type CMOS-Sensor verbaut. Als ich das las war ich schon etwas enttäuscht. Besonders bitter die Tatsache, dass der Vorgänger, die Legria HF G60 mit einen 1 Zoll Sensor ausgestattet war. Warum also der technische Rückschritt?

Auch schade ist, dass die Kamera in 4K maximal mit 25 Bildern pro Sekunde aufzeichnen kann, aber immerhin mit 150 Mbps. In FullHD sind es immerhin 50 FPS (max. 35 Mbps). NTSC Aufnahmeformate mit 30 oder 60 Bilder die Sekunde sind nicht möglich, zumindest habe ich keine Einstellung im Kamera-Menü entdecken können. Wieso nur solch geringe FPS beim Aufzeichnen von Videos? Smartphones in der Preisklasse um 1000 Euro zeichnen heute mit 60 oder sogar 120 Bildern pro Sekunde in 4K auf.

Wenn man die Spezifikationen mit denen der direkten Vorgänger vergleicht, dann muss man ernüchternd feststellen, dass die Kamera in beinahe jeder Disziplin identisch, teilweise sogar verschlechtert wurde. Abgesehen vom Zoombereich. Hier hat Canon einen optischen 20-Fach Zoom spendiert. Das sind bei der Sensorgröße eine Brennweite von bis zu 600 mm. Allerdings hatte der Vor-Vorgänger die G50 auch bereits einen 20-fach optischen Zoom.

Die Canon Legria HF G70 ist relativ neu am Markt und zugegeben, dafür sind die technischen Daten im Jahr 2022 doch ein wenig enttäuschend und nicht mehr wirklich zeitgemäß. Das ist zumindest mein erster Eindruck.

Wie ist die Legria HF G70 verarbeitet?

Ergenomisch liegt die Kamera sehr gut in der Hand. Aus meiner Sich ist die Ergonomie eines klassischen Camcorders einer Systemkamera zum Filmen vorzuziehen, einem Smartphone sowieso. Insbesondere die Erreichbarkeit der einzelnen Bedienelemente zum Aufzeichnen, Zoomen usw. ist sehr gut. Man hat viele physische Tasten, einige können auch frei belegt werden. Auch die Schlaufe ist perfekt um die Kamera auch für längere Zeit halten zu können.

Canon Legria G70 Objektiv

Die Verarbeitung des Geräts ist hervorragend. Canon gibt sich hier keine Blöße. Eine IP-Zertifizierung hat das Gerät jedoch nicht. Man sollte also vorsichtig sein, wenn man das Gerät auch bei Wind und Wetter einsetzen möchte.

Canon hat der Legria HF G70 einen USB-C Anschluss zur Stromversorgung spendiert. Irritierend ist, dass Canon jedoch noch einen zweiten USB-C Port verbaut hat. Den ersten ausschließlich für die Stromversorgung, außerdem zum Laden des Akkus und einen weiteren USB-C Port für das Zubehör, Datentransfer usw.

Wenn wir gerade bei den Anschlüssen sind: Es gibt nicht nur einen 3,5 mm Klinkeanschluss für externe Mikrofone, sondern auch einen Kopfhörereingang zum Überwachen des Tons. Außerdem gibt es einen Mini-HDMI Ausgang. Schade, dass es nicht für einen klassischen großen HDMI-Port gereicht hat.

Insbesondere der Kopfhörereingang ist auch bei ähnlich teuren Systemkameras nicht selbstverständlich. Gerade diese Möglichkeit macht das Gerät auch für ambitionierte Filmer durchaus interessant. Darüber hinaus hat der Camcorder zwei Einschübe für SD-Karten. Zum Aufzeichnen sind verschiedene Optionen verfügbar. Zum Beispiel, die Videofiles auf beide SD-Karten gleichzeitig aufzuzeichnen.

Anschlüsse der Canon Legria HF G70

Auf der Oberseite befindet sich ein Multifunktions Hot-Shoe Anschluss für optionales Zubehör. Es gibt von Canon ein Mikrofon welches direkt kompatibel mit dem Multifunktionsschuh ist. Man kann natürlich auch jedes andere handelsübliche Richtmikrofon auf dem Zubehörschuh fixieren und via 3,5 mm Klinkenkabel mit der Kamera verbinden.

Filmen mit der Canon Legria HF G70

Meine ersten Gehversuche habe ich im Automatikmodus gemacht. Hier kann man die Kamera, bzw. die grundlegende Bedienung erstmal spielerisch kennen lernen. Also zoomen, fokussieren usw. Die Software der Kamera übernimmt dann die wesentlichen Einstellungen für die Belichtung und den Bildstil. Der Einfluss ist in diesem Modus eher marginal. Mit einem Schieberegler an der Oberseite kann der Modus zwischen Automatik und Manuell gewechselt werden. Im manuellen Modus hat man die komplette Kontrolle über die Kamera und kann unter anderem Blende, Belichtungszeit und Weißabgleich beeinflussen.

Filmen mit der Canon Legria HF G70

Es gibt auch einige Modi für spezielle Situationen, wie Sport, Low-Light oder Schnee. In dem Fall filmt die Kamera in den Situationen eben so, dass das Bild optimal aufgezeichnet wird. Mein Eindruck in diesen Modi ist jedoch etwas zwiespältig. Im Modus M ließen sich auch ohne solche Profile ganz passable Ergebnisse erzielen.

Die Einstellungen werden über den sehr guten Touchscreen am Display vorgenommen. Die Reaktion auf die Berührungen ist sehr gut. Aber die Menüs sind etwas verschachtelt, das erfordert einiges an Einarbeitung.

Um sich mit der Kamera vertraut zu machen empfehle ich dringend das Benutzerhandbuch, dieses kann im PDF-Format von der Canon-Website im Supportbereich heruntergeladen werden. In diesem werden die einzelnen und anfangs verwirrenden Einstellungen gut erklärt.

An der Linse der Legria HF G70 gibt es einen drehbaren Ring. Diese kann entweder zum Fokussieren oder zum Zoomen genutzt werden. Dies kann ganz einfach über einen Schieberegler am Gehäuse eingestellt werden. Das ist super gelöst, denn es ist unwahrscheinlich hilfreich je nach Situation fein mit der Hand zoomen oder eben manuell fokussieren zu können.

Der Autofokus der Kamera ist alles in allem sehr brauchbar. Es gibt verschiedene Einstellungen um den Autofokus einzustellen. In der schnellsten Einstellung, welche ich persönlich bevorzuge, wird das Objekt zügig fokussiert. Der Autofokus der Canon Legria HF G70 ist grundsätzlich sehr treffsicher. Ich hatte hier kaum bis gar keine Probleme.

Der Camcorder verfügt über einen optischen Bildstabilisator. Der Stabilisator kann je nach Bedarf konfiguriert werden. Ich habe die Kamera hier ausgiebig getestet und bin etwas unentschlossen. Wenn man aus der Hand filmt, aber sich selbst nicht gehend oder sogar laufend bewegt, dann ist der Stabilisator gut bis sehr gut. Mit einer ruhigen Hand sind Schwenks fast so gut wie von einem Stativ. Sobald man sich jedoch bewegt ist die Wirkung vom Stabilisator aus meiner Sicht überschaubar.

Mein Eindruck zur Canon Legria HF G70

Wenn man die technischen Daten des Camcorders überfliegt, dann fragt man sich durchaus: Braucht man sowas heute noch?

Das Filmen mit der Canon Legria HF G70 macht mir persönlich wahnsinnig Spaß. Die Ergonomie eines klassischen Camcorders ist einfach super im Vergleich zur Kompaktkamera wie der Sony ZV1 oder einer Systemkamera wie der Panasonic Lumix G9, welche sich ebenfalls in meinem Besitz befinden. Vom Smartphone brauche ich hier gar nicht erst anfangen.

Die Kamera hat also aus meiner Sicht ganz klar ihre Daseinsberechtigung. Allerdings ersetzt sie eine Systemkamera aktuell nicht. Der Filmlook einer Systemkamera mit großem Sensor ist durch nichts zu ersetzen. Es ist wirklich schade, dass Canon entschieden hat einen kleineren Sensor als im direkten Vorgänger zu verbauen. Der 1-Zoll Sensor der Canon Legria HF G60 hat so viel mehr Potential. Das kann ich auch an der Sony ZV1 beobachten die ebenfalls einen solchen Sensor verbaut hat.

Auch die Tatsache, dass man 4K in maximal 25 Bildern pro Sekunde aufzeichnen kann ist leider nicht mehr zeitgemäß. Die Möglichkeit in 50 Bilder pro Sekunde aufzeichnen zu können wäre so viel sinnvoller. Verstehen tue ich auch absolut nicht weswegen man nicht die NTSC-Bildwiederholraten nutzen kann wie, 30, 60 oder sogar 24 Bilder pro Sekunde.

Der Zoombereich macht die Kamera interessant. Eine umgerechnete Brennweite von 600 mm kann in vielen Situationen interessant sein. Filmen in der Natur macht so unheimlich Spaß.

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Für wen ist der Camcorder geeignet?

Ich glaube die Zielgruppe der Canon Legria G70 ist der ambitionierte Videofilmer. Insbesondere wenn man den Zoomberech benötigt, aber nicht viel Wert auf den Kinolook und Low-Light Performance legt.

Schul- oder Theateraufführungen können perfekt mit der G70 gefilmt werden. Auch Sportveranstaltungen profitieren vom Zoomrange und dem Bildstabilisator. Man sollte jedoch eine ruhige Hand haben.
Wenn ihr an Landschaftsvideografie interessiert seid, oder Naturaufnahmen – auch dafür ist so ein Camcorder, dank der Brennweite gut geeignet.

Dank der einfachen Bedienung im Automatik-Modus ist es auch möglich für unerfahrene Filmer ansprechende Aufnahmen zu machen.

Kann man die Canon Legria HF G70 für Youtube nutzen?

Grundsätzlich kann man natürlich auch heute noch mit einem Camcorder filmen und mit den Aufnahmen auf Youtube aktiv sein, genau wie mit jeder anderen Kamera. Es muss aber klar sein, dass man aufgrund des kleinen Sensors eben nicht den typischen Filmlook bekommt. Man kann Objekte und Personen nicht so markant freistellen und hat eben nicht den unscharfen künstlerischen Hintergrund den man bei größeren Sensoren mit offener Blende erhält.

Dennoch ist das Bild der Canon Legria HF G70 gestochen scharf. Auch das FullHD Bildmaterial lässt sich sehr gut ansehen.

Empfehlenswerte Alternativen zur Legria HF G70

Die hier in dem Beitrag bereits genannte Canon Legria HF G60, also der direkte Vorgänger ist durchaus empfehlenswert, denn im Vergleich zur G70 erhält man hier einen 1 Zoll Sensor. Allerdings ist diese, wenn man sie neu kaufen möchte, aktuell ungefähr 500 Euro teurer. Allerdings ist es immer schwieriger die G60 noch neu zu ergattern. Gebraucht könnte man jedoch noch einen Deal machen.

Wenn man auf den optischen 20-fach Zoom verzichten kann, aber dafür einen größeren Sensor haben möchte, dann würde ich im Preisbereich bis 700 Euro ganz klar die Sony ZV1 (der sogar die Sony ZV 1F) empfehlen. Sony’s Vlogging-Kamera ist eben nicht nur für Vlogger geeignet, sondern auch für ambitionierte Filmer.

Darf es auch etwas teurer sein? Dann bietet MicroFourThird (kurz MFT) ein System in dem man zu einem moderaten Preis für Kamera und Objektiv gut einsteigen. Der Sensor ist bei MFT schon bedeutend größer als 1 Zoll, so dass man noch einen sehr schönen Look erhält. Andererseits ist das System aber gerade noch kompakt, so dass es nicht zu schwer ist. Die Panasonic Lumix G9 ist in einem ähnlichen Preisbereich und für Filmer wirklich eine tolle Kamera. Mit den aktuellsten Updates hat sie auch einen wirklich potenten Autofokus.

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Habt ihr Erfahrungen mit der Canon Legria HF G70? Dann berichtet mir davon in den Kommentaren.

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