Bahnhofsrad: Fahrrad selber bauen – Teil II


Bahnhofsrad mit Frontkorb

Wie man ein einfaches Fahrrad aus Einzelteilen selbst aufbaut habe ich im Artikel zum Aufbau meines Bahnhofsrads bereits beschrieben. Im folgenden Artikel möchte ich die zweite Ausbaustufe erklären. Hier bei ging es vorrangig darum das Fahrrad alltagstauglicher zu machen.

Zur Erinnerung, ich habe das Fahrrad vor einigen Jahren vollständig entkernt, den Rahmen neu lackiert und anschließend mit neuen Teilen wieder aufgebaut. Im Laufe der Zeit hat mir dieser Aufbau jedoch nicht gefallen und so habe ich entschieden das Fahrrad nochmals in einem größeren Umbau weiter zu verbessern.

Warum sollte das Fahrrad verbessert werden? Meiner Meinung waren einige Entscheidungen nicht optimal. Die Reifen waren nicht mein Ding, weil sich nicht wirklich komfortabel waren. Außerdem gefiel mir der Lenker nicht wirklich, die Brems- und der Schaltzug wurden nie ordentlich von mir verlegt, die Kette rutschte gelegentlich durch. Darüber hinaus wollte ich einen Fahrradkorb für kleines Gepäck und eine ordentliche Fahrradbeleuchtung. Das Licht ist aus meiner Sicht die größte Baustelle, denn ich wollte das Fahrrad unbedingt ordentlich und Verkehrssicher haben.

Fahrrad selber bauen – Warum? Wieso? Weshalb?

Nackter Rahmen

Mein Bahnhofsrad habe ich im Jahr 2016 initial aus einem alten 90er Jahre MTB aufgebaut. Der Sinn und Zweck war primär, dass ich ein Bahnhofsrad haben wollte, also ein Fahrrad für den Weg zum Bahnhof und wieder nach Hause, und zum anderen wollte ich mich intensiver mit der Thematik der Fahrradtechnik auseinandersetzen, weil ich keine Lust hatte regelmäßig auf eine teure Fahrradwerkstatt angewiesen zu sein. Aufgrund dessen, was ich beim Umbau und Wartungen meiner Fahrräder gelernt habe konnte ich mir mittlerweile ein solides Wissen aneignen, so dass ich in den letzten Jahren praktisch nie zu einer Fahrradwerkstatt musste.

Praktisch war das Bahnhofsrad auch immer eine Art Versuchskaninchen an dem ich üben konnte. Das war praktisch, denn wenn ich doch mal einen Fehler gemacht habe oder mal ein paar Tage nicht mit dem Fahrrad fahren konnte, dann war das kein Druck für mich.

Schaltzug und Bremszüge verlegen

Nexus 8 Montage 101 mmEin Problem meines ersten Aufbaus war, dass ich den Schaltzug und die Bremzüge nicht wirklich ordentlich verlegt habe. Das war vermutlich einfach dem fehlenden Wissen geschuldet. Diese waren viel zu lang und nur schlampig mit Kabelbindern am Rahmen befestigt. Durch mein Projekt “Lenkerenschalthebel durch Shimano STI ersetzen” hatte ich gelernt wie man Schalt- und Bremszüge ordentlich und sauber verlegen kann. Um die Zughüllen zu durchtrennen wird unbedingt

Bremszughalterein guter Seitenschneider oder noch besser ein Bowdenzugschneider benötigt. Beim Verlegen des Schaltzugs für die Shimano Nexus 8 sollte man unbedingt die Abstände einhalten. Die Kabelbefestigungsschraube am Ende des Schaltzugs muss genau 101mm von der Schaltzughüllenkappe entfernt sein, ich habe versucht dies in einer Zeichnung zu illustrieren. Am besten nutzt man dafür einen Messschieber. Darüber hinaus sind weitere Hinweise im Werkstatthandbuch von Shimano zu finden.

Für die Bremszüge hat der Rahmen glücklicherweise bereits Befestigungspunkte am Rahmen. Hier lässt sich der Bowdenzug einhängen. Diese Befestigungspunkte sollte man auch nutzen. Falls ein Rahmen diese nicht hat, dann muss man sich mit Kabelbindern behelfen.

Schaftvorbau oder Ahead-Vorbau?

Schaft oder Ahead Vorbau

Vor vielen Jahren war der Schaftvorbau der Standard für Vorbauten bei Fahrrädern. Seit einiger Zeit jedoch setzt sich zunehmend der Ahead-Vorbau durch, insbesondere bei Fahrrädern im sportlichen Bereich. Bei vielen älteren Fahrrädern oder auch bei einigen neueren City-Rädern ist jedeoch ein Schaftvorbau verbaut. Beim Schaftvorbau wird ein Metallschaft mit Schrägkonus in das Gabelrohr des Fahrrads geschoben. Dieser Schaft wird durch eine Konterschraube fixiert. Vorteil dieser Innenklemmung ist, dass der Lenker stufenlos höhenverstellbar ist.

Nachteil ist, er ist schwerer und die Auswahl an Vorbauten ist mittlerweile recht eingeschränkt.

Daher habe ich entschieden einen Adapter von Schaftvorbau auf Ahead-Vorbau zu verbauen. Dieser Adapter ermöglicht es mir einen Aheadvorbau zu verwenden. Insgesamt ist die Konstruktion auch leichter. Außerdem habe ich nun auch mehr Auswahl an Lenkern und Vorbauten. Ich habe mich für einen relativ schmalen Flatbar-Lenker entschieden.

Die Demontage vom alten Vorbau war nicht ganz einfach, weil dieser  im laufe vieler Jahre ziemlich festgegammelt war. Hier musste ich den Gabelschaft sowohl von unten, also auch von oben mit WD-40 einsprühen. Nach mehreren Stunden konnte ich anschließend mit Hilfe eines Gummihammers den Vorbau lösen und aus dem Rahmen ziehen. Allgemein helfen beherzte Schläge mit dem Gummihammer oft Wunder.

Front Fahrradkorb

Da dieses Fahrrad auch für kleines Gepäck vorgesehen werden sollte, wollte ich ursprünglich einen Gepäckträger montieren. Allerdings sind keine Ösen für die Montage vorgesehen. Es gibt zwar auch Lösungen um einen Gepäckträger ohne die entsprechenden Ösen zu montieren, aber ich habe mich vorläufig dagegen entschieden. Als Alternative habe ich diesen RFR Frontgepäckträger für die Montage an den Cantisockeln verbaut. Die Lösung ist simpel und günstig. Auf den Gepäckträger habe ich einen einfachen Fahrradkorb montiert. Das einzige Problem an dieser Variante ist, dass eine Justierung der vorderen V-Brakes erschwert (es ist aber möglich) wird. Der Frontgepäckträger ist für 9 Kilogramm Belastung freigegeben. Ich halte dies für utopisch, denn bei ungefähr 3 Kilogramm beginnt der Träger bei der Fahrt schon leicht zu schaukeln. Das wirkt nicht vertrauenserweckend. Ich vermute als Ursache das dünne Metallblech, welches Gabelbrücke und Träger verbindet. Es könnte helfen, wenn man dieses Stück durch ein dickeres Stahlblech ersetzt. Allerdings habe ich das noch nicht getestet.

Fahrradbeleuchtung – endlich ein Nabendynamo

Busch + Müller Secula Rücklicht

Das alte Bahnhofsrad hatte keine Beleuchtung. Ich konnte natürlich bei Bedarf ein paar Akkuleuchten anbauen. Für ein Bahnhofsrad war es mir jedoch wichtig, dass ich eine Dynamobetriebene und fest verbaute Beleuchtung am Fahrrad habe. Ich wollte mir keine Gedanken darum machen ob ich diesmal daran gedacht habe die Leuchten abzunehmen oder ausgemacht zu haben. Das alte Vorderrad war noch ein Originalteil des alten Mountainbikes und hatte bereits heftige Seitenschläge. Freihändiges fahren war mit dem Fahrrad praktisch nicht möglich. Also wollte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich habe also ein neues Vorderrad mit Nabendynamo verbaut. Die Montage des Vorderlichts war jedoch tückisch, denn aufgrund des Frontgepäckträgers und des Korbs konnte ich kein Licht auf der Gabelbrücke montieren. Ich habe das Licht deshalb an einen Cantisockel der Gabel montiert. Hierfür habe ich ein altes vom Fuji Touring ausgemustertes AXA Blue 50 Frontlicht verwendet. Außerdem noch das Rücklicht, Busch + Müller Secula, habe ich an der Sattelstütze befestigt. Mit diesem Rücklicht habe ich bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht. Man sollte dieses Rücklicht nur an der Sattelstütze befestigen, wenn man nie Gepäck auf dem Gepäckträger transportiert. Aber dies spielt für das Bahnhofsrad aktuell sowieso keine Rolle.

Neue Kurbelgarnitur

Sturmey Archer 1-Fach Kurbel

Bei meinem ursprünglichen Aufbau habe ich lediglich den Umwerfer demontiert und ein Kettenblatt der 3er Kurbelgarnitur entfernt. die letzten beiden Kettenblätter sind leider vernietet. Ich hatte in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit einer durchrutschenden Kette, ich habe dies auf die völlig verschlissenen Kettenblätter geschoben. Ich habe versucht ein neues 1-fach Kettenblatt für die alte Kurbel zu bekommen. Leider war das nicht so einfach, da es sich bei der Kurbel um einen recht exotischen Lochkreis handelt. Die Kurbel die ohnehin nie für eine Nabenschaltung vorgesehen war habe ich dann schlussendlich doch noch getauscht gegen eine 1-fach Kurbel. Der Rahmen hat ein Vierfach-Tretlager verbaut. Dieses habe ich nicht getauscht. Ich habe lediglich die neue Kurbelgarnitur verbaut. Entschieden habe ich mich für eine günstige 1-fach Kurbel von Sturmey Archer.

Neue Griffe & neuer Fahrradständer

Lenkerband als Fahrradgriff

Um Geld zu sparen, habe ich altes Lenkerband vom Fuji Touring wiederverwendet. Als Fahrradständer habe ich einen sehr günstigen Mittelbauständer kauft. Dieser wird aber vermutlich auch nicht ewig am Fahrrad bleiben.

Das Lenkerband als Griffersatz ist natürlich auch keine Ideallösung, aber mit billigen Gummigriffen hatte ich bei der ersten Ausbaustufe bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Ich habe auch Schaumstoffgriffe getestet. Die sind zwar super leicht, aber nicht wirklich komfortabel. Das Lenkerband lag noch rum und ich habe gedacht, dass ich es mal testen werde.

Breite Mountain-Bike Reifen

Schwalbe Nobby Nic

Ich hatte bereits im ersten Artikel angedeutet, dass der Schwalbe Marathon nicht mein Lieblingsreifen ist. Er ist einfach zu schwer, zu hart und zu unkomfortabel. Das ist vermutlich der Preis für die hohe Pannensicherheit. In meinem Fall war das Fahrrad ausschließlich für kurze Strecken vorgesehen. Hoher Pannenschutz wäre in meinem Fall zwar eine Sicherheit, ist aber nicht wirklich notwendig. Außerdem wollte ich einen breiteren Reifen um auch mal kurze Wege Offroad zurück legen zu können. Ich habe dann lange nach einem geeigneten Reifen gesucht und mich letztlich für den Schwalbe Nobby Nic entschieden. Die Reifen sind wirklich sehr einfach aufzuziehen, damit die Reifen gut in Position rutschen hilft ein wenig Wasser mit Spülmittel.

Spezialwerkzeug für Fahrräder 

benötigtes Werkzeug

Für die Demontage der alten Kurbel habe ich einen Kurbelabzieher benötigt. Für den Rest der Umbauten sind lediglich einfache haushaltsübliche Werkzeuge notwendig. Hilfreich ist wie oben erwähnt ein Gummihammer. Aber auch ein Drehmomentschlüssel kann beim Vorbau hilfreich sein.

  • Seitenschneider und / oder Bowdenzugschneider
  • Innensechskantschlüssel verschiedene Größen (am häufigsten 4, 5 und 6 mm)
  • Gummihammer
  • Schraubendreher (Kreuz)
  • Empfehlung: Drehmomentschlüssel (2 – 20 NM)

Fazit zum Ausbau

Shimano Nexus Nabendynamo

Das Fahrrad wird vermutlich immer ein Bastelprojekt bleiben. Weil sich das Fahrrad aber super gut fährt nutze ich es dennoch für überraschend viele kurze Wege. Wie zum Beispiel Pakete zur Post bringen oder einfach mal bei der Dönerbude vorbei fahren und was zu essen holen. Für solche kleinen Strecken ist das Fahrrad perfekt. Es ist mit 12 Kilogramm auch nicht sehr schwer. Die neuen Reifen Schwalbe Nobby Nic sind wirklich eine gute Ergänzung und fahren sich zügig und komfortabel. Es sind auch keine lauten Abrollgeräusche zu hören, so wie ich es vorher befürchtet hatte. Ich finde der Reifen fährt sich durchaus ordentlich und schnell auf Asphalt. Erfahrungen zur Haltbarkeit habe ich jedoch noch keine gesammelt.

Der Nabendynamo und die neue Beleuchtung sind natürlich ein Traum. Das war ein sehr sinnvolles Upgrade für das Fahrrad. Nun brauche ich mir keine Gedanken mehr machen und kann einfach los fahren.

Das ganze Fahrrad wurde nun übrigens beinahe vollständig durch neue Teile ersetzt. Einige Teile, wie der Lenker, wurden bereits zum zweiten mal ersetzt.

Original ist nur noch der Rahmen, die Gabel, das Innenlager und das Steuerlager.

Kaufberatung: Wie das beste Pendlerrad finden?
Fahrradhelm: Ja oder Nein?

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published / Required fields are marked *